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Dienstag, 16. August 2011

10417 Km - Gilgit/PAK

Wir müssen einiges aufarbeiten. Mein Blog wurde in China zensiert, in Pakistan war mein erster Übernachtungsort von der Hauptstromversorgung abgeschnitten und in der nächsten Unterkunft hatte ich nur Modem-Geschwindigkeit.

Nach gut einer Woche habe ich endlich wieder einen ordentlichen Internet-Anschluss.

Hier erst einmal die fehlenden Bilder von China.

Die Ausreise aus China war langwierig. Die Grenzer haben die Macht und das haben sie mich auch spüren lassen. 4 Stunden für einen Ausreisestempel. Schon der Hammer wie man dort gedemütigt wird. Aber immer schön Lächeln und Geduld beweisen. Die Gedanken sind aber frei.

Die chinesische Grenzkontrolle liegt 130 Km vor der eigentlichen Grenze. Das hieß, ich musste mich bis zur Grenze einem Konvoi anschließen. Aber daran habe ich mich natürlich nicht gehalten. Ich hatte ja meinen Ausreisestempel.

Es ging so langsam auf den 4655 m hohen Khunjerab-Pass. Der Karakorum-Highway in China haute mich nicht so vom Hocker. Oben schneite es bei 3° Grad. Der Pass lag in Wolken und die Sicht war gleich null.

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noch ein paar Meter in China

Die Straße in Pakistan wurde mit dem Grenzstein sofort schlecht. Ich konnte nichts sehen, ich fror und die Straße wurde noch schlechter. Ich würde sagen, es war eine schlechte Naturstraße, aber trotzdem quälen sich Busse und LKW´s hier hoch.

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und hier fängt Pakistan an

Endlich, bei so 3800 m,  unterhalb der Wolken, konnte man erahnen, in welch beeindruckender und wilder Landschaft ich mich befand. Ich dachte mir immer wieder, wer wohl auf die Idee kommt, hier eine Straße zu bauen. Es scheint ein unmögliches Unterfangen zu sein, denn der wilde Fluss zerstört immer wieder alle Bemühungen.

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Je tiefer ich kam und damit weiter weg von den Wolken, desto gewaltiger wurde die Landschaft. Ich fühlte mich auf meinem kleinem Motorrad richtig eingeschüchtert.

Leider habe ich nur sehr wenige gute Fotos davon, denn mir war nass und kalt. Und ich habe festgestellt, dass es nicht einfach ist, gegen einen weißen und hellen Himmel gute Bilder von Landschaften zu machen. Darum gibt es auch nur wenige gute Fotos davon.

Die Einreise-Formalitäten wurden im nächsten Ort auf pakistanischer Seite gemacht. Hier konnte ich wieder, wie gewohnt, professionell und schnell einreisen. In diesem Ort übernachtete ich auch. Dieser Ort war von der Außenwelt abgeschnitten, kein Strom, kein Telefon. Denn das Hauptverbindungskabel war gerissen.

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Sost, der Grenzort

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Frühstück auf der Terrasse mit einmaligen Blick

Am nächsten Tag schien die Sonne und ich konnte die tolle Natur genießen. Mir fehlen die Worte, dies alles zu beschreiben, aber es ist das Beste, was ich bis jetzt an Naturgewalten gesehen habe.

Gewaltige Berge, die Siebentausender schneebedeckt, steile Abhänge, an jeder Kurve eine andere Aussicht. Ich glaube, dies ist alles nur sehr schwer zu toppen.

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Gletscher fast bis ins Tal

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ein Siebentausender

Der  gewissenhafte Blogleser weiß jetzt, was für ein Hindernis auf mich zukommt. Bei “der Plan/die Route” (s. rechts) habe ich schon geschrieben, dass im Januar 2010 ein riesiger Erdrutsch den Fluss zu einem See aufgestaut hat und die Straße über 20 Km unter Wasser steht.

Ich wusste, dass dort jetzt ein Fährbetrieb eingerichtet worden ist, aber wie genau das funktionierte wusste ich nicht. Es war aber alles nicht so schlimm. Die Boote sind kleine Kaschunken, die alles transportieren, was oberhalb des neuen Sees gebraucht wird. Vielleicht auch mal ein neues Kabel für das kleine Grenzdorf.

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Um nicht leer wieder zurückzufahren, werden gerne Passagiere mitgenommen. Ich handelte mit dem Kapitän den Preis (ca. 9 Euro für mich und das Motorrad) aus und schon wurde das Motorrad ganz unkonventionell mit Hilfe eines Balken auf das Boot gebracht. Das Motorrad lag auf dem Bug des Bootes.

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alle Ein- und Aussteigende mussten über das Motorrad rübersteigen

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Technik, die begeistert
 
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der Kapitän

Ich habe die Bootsfahrt echt genossen. Nach guten 1 1/2 Stunden kamen wir zu der Stelle, an dem sich ein Teil des Berges gelöst hat und in das Tal gerutscht ist. Auf dem Bild (unten) sieht es alles so klein und niedlich aus, aber ich kann euch sagen, dass ist alles andere als eine Kleinigkeit.

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der Erdrutsch
 
Für die Menschen hier ist es eine Katastrophe. Nicht nur für die oberhalb des Sees, die von allen abgeschnitten sind, sondern auch unterhalb. Denn keiner kann sagen ob und wie lange der Damm hält. Würde er brechen, werden die Dörfer unterhalb über viele Kilometer überschwemmt. Eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes.

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Das Ausladen ging genauso schnell, wie das Einladen. Viele helfende Hände stabilisierten mich und das Motorrad auf dem Balken. Und dann kam der Hammer. Ich musste das Geröllfeld überqueren. Der eine Kilometer hat ca. eine Stunde gedauert.

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fast schief gegangen

Die Steine waren nicht das Problem. Aber dieser ca. 10 cm tiefe ganz feine Sand, fast wie Zementstaub (der Enduro-Fachmann sagt dazu: Fesch-Fesch), war so schmierig und unfahrbar, dass es mir fast unmöglich war, dies Hindernis zu bewältigen. Es ging erst sehr steil bergauf und dann steil bergab. Ich habe mich dabei zweimal hingelegt. Einmal wurde mein Fuß, zum Glück der nicht operierte, unter dem Koffer eingeklemmt. Ich musste mit aller Kraft das Motorrad im Liegen anheben.

Ich hätte mir fast einen Trecker organisiert, der mich aus dem Schlamassel befreit. Diese großen Trecker sind die einzigen, die dieses Hindernis überwinden können.

Mit letzter Kraft und Ausdauer und unter Missachtung aller Materialschonung, vor allem die Kupplung hat gelitten, habe ich es geschafft: Das war bisher mit Abstand das schwierigste Teilstück, dass ich in meiner Enduro Karriere gefahren bin.

Die Einheimischen sagten mir nachher, dass wenn es regnet, niemand dieses Geröllfeld überqueren kann. Auch die Trecker nicht mehr. Es wird dann solange gewartet, bis es wieder trocken ist.

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das Geröllfeld des Grauens

An diesem Tag bin ich auch nur 85 Km gefahren. Mein Ziel Gilgit konnte ich vergessen. Zu lange hat die Bootsfahrt und die Bewältigung des Geröllfeldes gedauert.

Ich habe mir dann mal wieder ein gutes Hotel unterwegs gegönnt. Der feine Staub saß in allen Ritzen. In den Koffern und im wasserdichten Gepäcksack konnte ich haufenweise Staub finden. Selbst auf meinem Bildschirm vom Netbook habe ich diesen Staub gefunden und der ist nun wirklich sehr gut verpackt. Das Motorrad sieht auch dementsprechend aus. Ich habe mich mit voller Motorradbekleidung unter die Dusche gestellt, anders hätte ich sie nicht mehr staubfrei bekommen.

Das Hotel hießt “Eagles Nest”. Und so ist es auch. Hoch oben, 400 m über dem Tal, an einem Hang gebaut, genoss ich die Aussicht und erholte mich von den Strapazen.

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Blick von meiner Terasse

Ich bin nun schon das zweite Mal in Pakistan, ich hatte aber vergessen, wie nett und aufgeschlossen die Pakistani sind.

Zu den Straßen hier nur soviel. Die letzten drei Tage und 300 Km hatte ich keinen Asphalt und war nicht einmal im fünften Gang. Den vierten Gang habe ich ganz selten gebraucht.

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die Pfütze ist mindestens 2 m tief

In Gilgit bleibe ich mindestens einen Tag, um dann den Karakorum-Highway für zwei Tage zu verlassen. Ich werde 170 Km in ein Seitental fahren. Dort stehen dann die Achttausender.

Außerdem muss ich hier in Gilgit meine Sachen waschen und einige Sachen am Motorrad reparieren. Die letzten Tage sind ganz schön aufs Material gegangen. Aber keine Angst, es ist noch alles dran.

Dieser Blog ist ein wenig ausführlicher, aber ich hoffe nicht langweilig.

Gruß
STEPHAN
Gilgit/Pakistan

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besser ist das, nach unliebsamen Begegnungen